Mitarbeiterführung in Corona-Zeiten

Hebewerk-Consulting

„Mitarbeiterführung in Corona-Zeiten“ – ein brandheißes Thema, das derzeit alle Unternehmer angeht. Der Vortrag „Führen in Krisenzeiten“ von Maria von Stein und Meike Siemen von Hebewerk Consulting wurde deshalb von unseren Meetup-Gästen ebenso begeistert aufgenommen wie das Interview mit Erich Erichsen.

Die beiden engagierten Frauen haben Hebewerk vor 6 Jahren gegründet und betreiben seitdem zwei Geschäftsfelder. Zum einen Unternehmensnachfolge vorwiegend im familiären Kontext, zum anderen Organisationsentwicklung in Zeiten von Veränderungen, die im Moment häufig mit dem Covid-19-Virus in Zusammenhang stehen.

Das Thema Wandel und Veränderung war allerdings auch vor Corona schon sehr präsent. Die Kernfragen dazu heißen: Wieviel Wandel, wieviel Veränderung brauche ich überhaupt in meinem Unternehmen und wie groß muss ich denken? Wie nehme ich die Mitarbeiter mit und wie begeistere ich sie? Wie die Antworten auch lauten: Führung ist hier immer der Dreh- und Angelpunkt.

Doch wie gelingt Führung in diesen Zeiten? Was spitzte sich in den letzten Monaten in Unternehmen zu, was ist nur eine Verstärkung dessen, was vorher schon wichtig war? Was gewinnt in der Krise an Bedeutung?

Das VUCA-Modell

Hebewerk orientiert sich bei der Beantwortung dieser Fragen am VUCA-Modell, das die veränderten Rahmenbedingungen und Herausforderungen beschreibt, innerhalb derer Führungskräfte und Organisationen durch die Digitalisierung handeln.

Volatility (Flüchtigkeit) heißt: Wir können heute nicht mehr wissen, was morgen vielleicht schon anders ist. Die technische Entwicklung hat dazu geführt, dass sogar traditionsreiche Branchen unter Druck geraten. Und zum Beispiel Spezialentwicklungen inzwischen auch von Fachfremden genutzt werden können. Ein Beispiel dafür ist der 3D-Druck. Mit 3D-Druckern können sogar schon Häuser gedruckt werden. Dieser Punkt Volatität, sprich Schwankungsbreiten, beschäftigt uns also – und das geht auch nicht mehr so schnell wieder weg. Was uns zum zweiten Punkt „Unsicherheit“ führt.

Uncertainity (Unsicherheit) meint: Wir können Vorhersagen nicht mehr mit derselben Wahrscheinlichkeit treffen wie vor 20, 30 Jahren. Deshalb sind Begriffe wie Agilität und Transformation in aller Munde. Es geht um Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Viele Unternehmen haben im Corona-Jahr 2020 ja schon gemerkt, wie gut oder wie schlecht sie dazu in der Lage sind.

Complexity (Komplexität) bedeutet: Das Ganze ist dazu auch noch komplex und wir können daraus nicht immer konkrete Handlungsableitungen treffen. Auch wegen der Ambiguität.

Ambiguity (Mehrdeutigkeit): Wenn ich früher etwas analysiert und Szenarien abgebildet habe, konnte ich sagen, was da mit größter Wahrscheinlichkeit herauskommt und wie es mir erscheint – richtig oder falsch. Das ist heute nicht mehr so ganz einfach.

Die Quintessenz daraus in Bezug auf Corona

Derzeit sind alle Mitarbeiter und Führungskräfte mit völlig neuen Situationen konfrontiert. Arbeiten und führen aus der Distanz, kein Klönschnack auf dem Flur mehr, Umgang mit neuer Technik. sich im Home-Office motivieren, die 7 Sinne zusammenhalten. Und sich überlegen, was hinten anstehen kann, wenn nicht alles funktioniert. Dazu müssen Entscheidungen eigenständig getroffen werden, wo ich im Büro doch eher mal über den Flur gerufen und nachgefragt hätte. Das hat mehr Unsicherheit mit sich gebracht, aber auch mehr Zutrauen.

Was uns zum nächsten Modell führt und zwar dem Gegenstück von VUCA in der Führung:

VUCA in der Führung

Der erste Begriff in normalen Zeiten des Wandels lautet dazu: Vision. In der Corona-Krise geht es eher nicht um große Visionen, dafür aber um Orientierung in unübersichtlichen Gefilden. Deshalb sind umso mehr normale Führungsaufgaben wie kommunizieren, informieren, erklären, aber auch zuhören wichtig, um Verständnis bei den Mitarbeitern zu erreichen. Denn nicht wenige Mitarbeiter fühlen sich in Corona-Zeiten zuhause etwas verloren. Bin ich eigentlich noch Teil der Organisation, wenn ich nur im Homeoffice sitze? Wo kriege ich Sicherheit her? Was ist geplant? Wann wird was passieren? Können die Kinder zur Schule gehen? Allein diese Fragen zeigen, wie wichtig der Austausch ist. Das Verständnis für die Situation der Mitarbeiter, wo er sich gerade befindet, muss der Führungskraft deutlich werden.

Das heißt: Mitarbeiter müssen eingebunden werden, und das nicht nur einmal pro Woche. Sie brauchen die Chance, sich zu äußern, zu hören, wie es den anderen geht, ob sie dieselben Probleme haben.

Wie ist die Situation für viele Menschen derzeit?

Die Verknüpfung von privat und Beruf hat sich durch Corona und Homeoffice in vielen Fällen verstärkt. Die Bereiche sind zum Teil nicht trennbar und es ist häufig auch nicht sinnvoll, sie zu trennen. Das ist für viele Menschen eine besondere Situation, vergleichbar mit einem Balanceakt auf einer Slackline, die im Park zwischen Bäumen gespannt ist. Es gibt Situationen, da haben Mitarbeiter einfach keinen stabilen Stand, alles ist wackelig und unsicher.

Führungskräfte können dann nur eine Hand reichen und dabei helfen, das Unsichere auszuhalten. Wackelig bleibt es trotzdem, aber die Begleitung gibt mehr Sicherheit. Routinen haben bei diesem Prozess eine große Bedeutung. Eine kleine Routine kann zum Beispiel der regelmäßige Anruf einer Führungskraft sein, die sich auch ohne konkreten Anlass meldet. Weil es wichtig ist, im Gespräch zu bleiben. Das Angebot, jederzeit für seine Mitarbeiter erreichbar zu sein, reicht da häufig nicht aus. Denn aktiv zum Hörer zu greifen, machen viele Mitarbeiter einfach nicht.

Alles ist Wechselwirkung

Alles ist Wechselwirkung – hat schon Alexander von Humbold gesagt. Das heißt in diesem Fall: Es gibt nicht nur die Führung und ihre Aufgaben, sondern auch die Wechselwirkungen und Reaktionen der Mitarbeiter, die zu berücksichtigen sind.

Viele Menschen haben jetzt mehr Zeit und sind auf sich zurückgeworfen. Sie können sich Gedanken darüber machen, was sie sich von ihrem Leben und ihrer Arbeit vorstellen, ob sie in ihrem Unternehmen richtig sind oder sich eine andere Arbeit wünschen, in der sie mehr wertgeschätzt werden. Deshalb ist Führung heute so wichtig – und das nicht nur, um das Geschäft aufrecht zu erhalten. Denn gute Führung hat heute einen Einfluss auf die Zukunft. Es ist ein wichtiges Kriterium für viele Mitarbeiter, wie gut sie in dieser schwierigen Zeit an die Hand genommen werden.

Worauf kommt es bei Führung in Krisenzeiten und speziell im Corona-Lockdown mit Homeoffice an?

Es kommt darauf an, in der Krise Chancen zu sichern und das geht am besten mit folgenden vier Bausteinen:

  1. Vertrauen sichern: den Mitarbeitern zutrauen, dass sie ihre Arbeitsleistung erbringen, sich flexibel auch mit ihrem privaten Alltag organisieren können und nicht nur Kaffee trinken. Die Arbeit anerkennen und wertschätzen.
  2. Bindung stärken: eine hohe Bindung durch aktive Kontaktaufnahme und ein offenes Ohr aufbauen. Denn heute halten die Mitarbeiter noch die Füße still und zeigen sich solidarisch. Doch wenn die Krise durchgestanden ist, werden sich einige ohne Bindung enttäuscht abwenden und gehen.
  3. Leistung ermöglichen: versuchen, die Verknüpfung von Arbeit und Anstrengung aufzubrechen. Leistung kann auch Freude machen, Sinn verleihen, begeistern. Das zu ermöglichen, ist wichtig.
  4. Fluktuation vorbeugen: Schlussendlich zahlt alles darauf ein, Fluktuation vorzubeugen, denn alles bedingt sich untereinander.

Die Quintessenz – 6 Faktoren

Faktor 1: Transparenz schaffen

Führungskräfte sollten jeden Mitarbeiter regelmäßig anrufen und gezielt fragen und informieren: Wie läuft es im Homeoffice, wie sind die Arbeitsabläufe, wie geht es mit der Kinderbetreuung? Wir haben die und die Aufträge, wir stehen gerade an Punkt X. Das sind die Risiken, das sind die Chancen.

Faktor 2: Erwartungen klären

Das Arbeiten hat sich verschoben. Gegenseitige Erwartungen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter müssen deshalb geklärt werden. Gibt es zusätzliche Aufgaben, die durch Corona zu erledigen sind? Wie passt das zu den anderen Aufgaben, die du hast? Was können wir dir dafür wegnehmen? Was brauchst du noch dafür?

Faktor 3: Perspektiven aufzeigen

Hier geht es nicht um zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten, sondern darum, kurze Zeitfenster aufzumachen. Zu sagen, wo das Unternehmen steht, z. B.: Wir haben eine Förderung erhalten, bis Monat X ist alles gesichert.

Faktor 4: Wir-Gefühl stärken

In Zeiten von Homeoffice ist es für Führungskräfte wichtig, das Wir-Gefühl im Blick zu haben. Dafür sollten täglich Stand-up-Meetings einberaumt werden, um die Verbindung zu halten oder Meetings zwischen den Mitarbeitern initiiert werden. So gibt die Führungskraft den Mitarbeitern Hilfestellung. Niemand fühlt sich alleingelassen.

Faktor 5: Zugehörigkeit und Wertschätzung zum Ausdruck bringen

Auch hier ist das Kernthema Gemeinschaft schaffen. Durch Meetingrunden zwischen den Mitarbeitern, Angebote, sich auch privat auszutauschen, wie die anderen es z. B. hinbekommen, neben der Arbeit ihre Kinder zu betreuen etc. Hier ist sensibles Zuhören und Agieren gefragt. Denn durch Corona müssen Führungskräfte bei allem noch mal eine Schippe drauflegen: noch mehr kommunizieren, noch mehr informieren, Begegnungen ermöglichen und ansprechbar sein.

Faktor 6: Führungskräfte und Mitarbeiter befähigen und ermächtigen

Auch Führungskräfte stecken in dieser besonderen Situation und sind mit denselben Ängsten und Unsicherheiten konfrontiert wie ihre Mitarbeiter. Da kann es dazu kommen, dass die Belastung zuweilen zu hoch wird. Führungskräfte sollten deshalb Unterstützung bekommen und bei Bedarf Coachings in Anspruch nehmen, um ihre Aufgaben erfüllen und ihre Mitarbeiter dazu befähigen zu können, im Homeoffice selbstständig arbeiten zu können.

Wenn hier alles richtig gemacht wird, dann kann es im Unternehmen zu einer Erfolgsstory kommen. Denn Mitarbeiter tragen vieles mit, wenn sie mitgenommen werden.

Damit das gelingt, kann ein Perspektivwechsel hilfreich sein. Es gilt, den Blick zu verschieben – weg von einem „es ist alles so schwer und so anstrengend, hin zu offenen Fragen: Was haben wir aus der Krise gelernt? Was können wir doch, was wir nicht gedacht hätten? Wo waren unsere Herausforderungen und Stolpersteine?

Summa summarum: Es macht Sinn, hier ganz gebündelt hinzuschauen.

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