Das Du ist die Zukunft
Interview mit Andreas Kahl, Personalkontor Kahl & Konsorten
Andreas, du bist seit vielen Jahren „Hearthunter“, Personalberater und Personalrecruiter für IT-Unternehmen. Also für eine Branche, in der seit langem schon viel geduzt wird. Wie sind deine Erfahrungen damit? Was hältst du vom Du?
Ich persönlich habe nur gute Erfahrungen damit gemacht und bin sehr gern per du. Das Du hat für mich etwas Verbindendes. Die Menschen sind mir näher, wir sind auf Augenhöhe und sitzen in einem Boot.
In der IT-Branche, in der die Mitarbeiter:innen eher hip und aufgeschlossen sind, wird Siezen inzwischen sogar als spießig empfunden. Das ist zumindest mein Eindruck aus mehr als einem Jahrzehnt Personalrecruiting in der Branche. Hier macht es für Unternehmer definitiv Sinn, über ein durchgehendes Du nachzudenken. Es geht ja darum, heiß begehrte Fachkräfte für sich zu gewinnen.
Geht mit dem Du nicht der Respekt verloren?
Respekt ist eine innere Haltung. Ich habe vor einer Leistung und vor einem Menschen Respekt und nicht vor einer Anrede. Das spiegelt sich auch in meinem Verhalten wider. Mein Gegenüber fühlt sich wahrgenommen und wertgeschätzt – ganz egal, ob ich per Du oder per Sie mit ihm bin.
Anders ist es, wenn ich jemanden nur deshalb duze, weil es heute so üblich ist. Das kann zu einem Problem werden. Sofern ich keinen Respekt vor meinem Gegenüber, seiner Person und seinen Leistungen zeige. Die Gefahr ist groß, dass mein Du in diesem Fall als abwertend empfunden wird.
Was rätst du Unternehmen, die von Sie auf Du umstellen wollen?
Das kommt immer darauf an. In vielen IT-Unternehmen ist das Du unter Kolleg:innen schon selbstverständlich. Da gibt es in der Regel wenig Probleme, wenn jetzt auch die Chefs geduzt werden.
Dort, wo bisher in einigen Abteilungen oder Bereichen noch gesiezt wurde, kann so eine Umstellung allerdings für einige Mitarbeiter:innen starker Tobak sein. Hier würde ich vorsichtig vorgehen und den Wandel in der Unternehmenskultur sorgsam kommunizieren und erlebbar machen.
Wie ist das, wenn es im Unternehmen keine einheitliche Regel für Du oder Sie gibt?
Ich würde sagen: Dann haben Chefs und Mitarbeitende die Chance, ihre Unternehmenskultur noch zu formen. Meine Empfehlung: Sprich als Inhaber das Thema an, hinterfrag, wer wen in welchen Bereichen duzt oder siezt, tausch dich mit deinen Teamleitern und Kollegen aus und entwickle mit ihnen gemeinsam eine einheitliche Regelung. Es spricht übrigens nichts dagegen, diesen Vorgang von der Mitarbeiterseite aus anzustoßen.
Muss ich mich als Firmenchef duzen lassen?
Wer sich als Chef siezen lässt, obwohl er selbst seine Mitarbeitenden duzt, darf damit rechnen, dass er den Respekt seiner Mitarbeiter:innen verliert oder zumindest Respekt einbüßt. Warum? Weil er durch diese Ungleichbehandlung selbst respektlos handelt.
Vielen Dank für das Gespräch!