Employer Branding in Bild und Ton

Interview mit Kameramann Dennis Wienecke

Welches Bild haben andere von uns und welches sollen sie optimalerweise von uns haben? Dennis Wienecke, erfahrener Kameramann für Dokumentationen und Reportagen, Image- und Werbefilme erzählt, was eine Kamera mit uns macht und wie wir uns in Online-Meetings ins rechte Licht setzen können.

Vita des Unternehmers

Dennis, bevor wir inhaltlich in das Thema einsteigen, gib unseren Gästen doch einen Einblick in dein Berufsleben.

Ich bin Kameramann, klassisch vom Fernsehen kommend, mit Ausbildung beim NDR in Hamburg. Für mich gibt es als Kameramann die Zeit vor Corona und die Zeit mit Corona. Vorher bin ich viel um die Welt gereist für Arte, das ZDF und die ARD und habe Dokumentationen in China, Südamerika und den USA gedreht. Eine Zeit lang habe ich sogar in den USA gelebt und dort viel kennengelernt.

 

Persönliche Ansprache, authentische Portraits, durchscheinende Intention

Was fällt dir als Profi auf, wenn du das Auftreten von Menschen im Kontext Film und Foto betrachtest?

Der Sinn meines Jobs ist es, die Realität, so wie ich sie sehe, rüberzubringen. Das ist nicht immer einfach. Vor allem dann nicht, wenn es um Menschen geht. Denn die Kamera ist erst mal nur ein Gerät. Ein Tool, von dem unser Interviewpartner anfangs häufig eingeschüchtert ist. Wir sind ihm fremd und er lässt uns trotzdem in sein Wohnzimmer. Das macht was mit ihm.

Was ich meine: Es geht in meiner Arbeit darum, den Menschen so zu zeigen, wie er ist und das ist vor diesem Hintergrund eine große Herausforderung. Bei einer Dokumentation ist der erste Tag deshalb auch erst mal hölzern. Darum nehmen wir die Kamera anfangs zumeist gar nicht in der Hand. Wir kommen erst mal an, gehen spazieren, essen und besprechen uns. Es geht also erst einmal viel Energie in die Soft Skills. Denn in einer Interviewsituation sitzt jemand vor uns und erzählt seine Empfindungen und Erlebnisse im Leben. Er braucht das Gefühl: Die Leute hinter der Kamera sind diejenigen, denen ich das wirklich erzählen möchte.

Produktionsleiter hören das natürlich nicht gern. Die möchten, dass wir sofort starten. Doch die Erfahrung zeigt, dass das Filmmaterial des ersten Tages einer längeren Dokumentation so gut wie immer weggeworfen wird.

Am Anfang meiner Karriere war ich da noch anders. Da hatte ich viel mit der Technik zu tun und wollte das schönste Bild bekommen. Erst nach Jahren habe ich festgestellt, dass es zwar großartig ist, ein tolles Bild zu produzieren. Dass es aber keinen Sinn macht, wenn der Mensch nicht er selber ist.

Heute geht es mir und meinem Team darum, diejenigen zu sein, denen die Menschen ihre Geschichte erzählen möchten. Dafür nutzen wir unter anderem unsere Intuition als Tool, da jeder Mensch anders ist. Der eine stört sich nicht an Kameras, Mikrofonen und vielen Personen um ihn herum, der andere möchte am liebsten nur eine Person vor sich haben.

So oder so: Am Ende geht es immer darum, sich die folgenden Fragen zu beantworten: Was mache ich? Für wen mache ich das? Was will ich erzählen, sprich: Welchen Content will ich erzeugen?

Und wie sieht das bei Unternehmensvideos aus?

Auch da geht es um die eben genannten Fragen, um die Intention, die dahintersteht. Als Kameramann frage ich mich oft „Was soll mir dieses Video denn jetzt im Unternehmenskontext sagen?“ Das fängt schon bei der Qualität des Videos an, die für mich etwas über die Tiefe der Arbeit aussagt.

Wie gelingt es dir, Unternehmensfilme zu drehen, die gebriefte Unternehmenswerte transportieren?

Dafür ist viel Einfühlungsvermögen gefragt. Ich stelle mich auf die Leute ein, spreche erst einmal viel, probiere aus und drehe eine Einstellung auch schon mal 25 Mal, bis der Wert authentisch spürbar wird und die Aussage so sitzt wie im Briefing gefordert.

 

Social Media – Quantität vor Qualität?

Wir haben heute ja viele Situationen, in denen wir vor der Kamera sitzen und gesehen werden. Ob bei Meetings oder Bewerbergesprächen via Teams oder Zoom. Wenn ich mir die Bilder so anschaue, sehe ich zum Teil nur Schemen oder grelles Licht, da gibt es ja die schrägsten Sachen. Deshalb zwei Fragen: Es gibt Experten, die die Meinung vertreten, dass Qualität im Social-Media-Bereich zu vernachlässigen ist, Hauptsache hau raus, also Quantität vor Qualität. Wie siehst du das? Zweitens, kannst du uns ganz pragmatisch zeigen, wie man es machen sollte?

Das Medium Film ist heute sehr leicht zu bedienen und in Corona-Zeiten das Mittel der Wahl. Jeder hat ein Handy, jeder hat es in der Tasche, kann sofort Videos aufnehmen. Ich muss mir nur bewusst sein: Jeder sieht mich da so wie ich bin. Wenn es dann um Online-Meetings geht, stellt sich die Frage: Will ich wirklich so gesehen werden?

Vor Corona war es üblich, Pressemitteilungen erst dann rauszugeben, wenn man sie x-mal gecheckt hatte. Ist das wirklich unser Wording? Sind das wirklich wir? Ich habe so das Gefühl, das ist heute aufgehoben. Jeder CEO macht mit seinem Handy kleine Videos, in welcher Situation auch immer, und vergisst dabei zuweilen, abzuprüfen, ob es wirklich das ist, was er aussagen möchte und was zur Marke passt. Ich persönlich sage da: weniger ist mehr.

Und dann gibt es auch noch den technischen Anspruch. Steht die Person für ein Produkt oder Unternehmen mit hoher Qualität? Warum dreht sie dann ein Video, das alles andere als hochwertig ist? Sehen das die Zuschauer vielleicht als Widerspruch?

In der Regel geht es ja darum, Content auf die Webseite zu bringen. Ich nenne das immer die Gute-Seiten-schlechte-Seiten-Soap. Denn es gibt viel, viel Müll, das muss ich einfach mal so sagen.

Ein Imagefilm muss meiner Meinung nach auf den Punkt sein. Der ist nicht mal eben so schnell gedreht. Es gilt, sich Gedanken zu machen und optimalerweise jemanden an seiner Seite zu haben, der sich damit auskennt. Was ist für den Kunden wichtig? Das ist die Schlüsselfrage.

 

5 Tipps für gute Websessions

Und wie sieht es bei Websessions aus?

In Websessions würde ich immer darauf achten, wie ich sitze, was ich mache, wo die Kamera angebracht ist, wie der Hintergrund aussieht. Alles macht einen Eindruck. Hier ein paar Tipps dazu:

Virtuelle Hintergründe

Virtuelle Hintergründe sind nur dann sinnvoll, wenn alles professionell eingerichtet ist. Damen mit wallenden Haaren würde ich generell von virtuellen Hintergründen abraten, da diese hier Schwierigkeiten machen.

Mikrofon

Wer beispielsweise mit einem Laptop bei einem Meeting dabei ist, hat ein Mikro am Gerät, das jedes Geräusch überträgt. Egal, ob es ein Tippen, Kruscheln oder Knacken ist. Wer nicht mit einem Kopfhörer mit Mikro arbeiten möchte, kann sich ein günstiges externes Mikro kaufen, das per USB-Plug-an-Play funktioniert. Dieses Mikro lässt sich beliebig anstecken und schränkt die Bewegungsfreiheit nicht ein.

Positionierung

Wenn möglich, sollte man es bei einem Online-Meeting vermeiden, mit dem Rücken zu einem Fenster zu sitzen. Durch den starken Lichteinfall sitzt die Person vor der Webcam voll im Schatten und ist kaum zu erkennen.

Kamerastand und Bildausschnitt

Wer seine Kamera auf Augenhöhe stehen hat, hat sie richtig positioniert. Wer sich selbst im goldenen Schnitt im Bild sieht, hat sich selbst richtig positioniert. Die Augen sollten dafür im oberen Drittel des Bildes zu sehen sein.

Kameraqualität

Externe Kameras bieten in der Regel eine bessere Qualität als interne Laptop-Webcams. Aber auch die können nicht hexen und brauchen eine vernünftige Lichtsituation und eine stabile Internetverbindung über Kabel, damit die Kameraqualität sich nicht automatisch runterskaliert.

Hast du mit diesen Dingen auch beruflich zu tun?

Ja, ich habe heute viel damit zu tun. Ich unterstütze große Firmen dabei, ihre Mitarbeiter bei der Einrichtung von Webcams und in Bezug auf das Verhalten bei Talks und Online-Meetings zu coachen. Immer mehr Unternehmen verstehen, wie wichtig es ist, dass sich alle gut präsentieren und die Gesamtansicht homogen wirkt.

Darüber hinaus betreuen und realisieren wir sehr große Webveranstaltungen mit Webstreaming. Vor allem, wenn es um Talksituationen geht, bei denen derzeit maximal drei Teilnehmer vor Ort sein dürfen, aber weitere Teilnehmer per Video zugeschaltet werden können, sind wir in unserem Element. Jeder reale Talkgast bekommt eine eigene Kamera zugewiesen, jeder virtuelle Gast ist über einen Hochkant-Monitor dabei, der zwischen realen Talkgästen platziert wird. So sieht es für die Zuschauer so aus als wären alle Teilnehmer anwesend. Die Talkgäste können sich zudem anschauen und miteinander reden. Damit das realistisch wirkt, briefen wir alle Teilnehmer, die nicht vor Ort sind und bitten sie, nach links oder rechts zu schauen, je nachdem, wen sie gerade ansprechen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Dieses Interview ist eine Zusammenfassung.